Bandscheibenvorfall
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Ein Bandscheibenvorfall ist keine Seltenheit und kann grundsätzlich jeden treffen. Am häufigsten tritt er jedoch im Alter von 20 – 40 Jahren auf. Die Symptome können dabei ganz unterschiedlich sein: Manche Menschen haben stechende Schmerzen, die bis in die Arme oder Füße ausstrahlen. Andere klagen über Kribbeln und Schwäche in Armen und Fingern oder Beinen und Füßen. Selten können auch Lähmungserscheinungen auftreten, die ein rasches Handeln notwendig machen. Die gute Nachricht ist: Bandscheibenvorfälle, die operativ behandelt werden müssen, sind die Ausnahme. In den meisten Fällen werden Bandscheibenvorfälle erfolgreich konservativ behandelt, das heißt ganz ohne Operation und Krankenhausaufenthalt. Eine Kombination aus Ruhigstellung, schmerzstillender Medikamente und später kontrolliertem Training führt in mehr als 90 Prozent der Fälle zu einem deutlichen Therapieerfolg. Für eine effektive Behandlung muss im Vorfeld die genaue Ursache für Ihre Beschwerden und das Ausmaß des Bandscheibenvorfalls festgestellt werden. Neben neurologischen Untersuchungen, durch die Schwächen, Taubheitsgefühle und Lähmungen diagnostiziert werden, ist die Kernspintomografie (MRT) die wesentliche Informationsquelle. Sie liefert klare Erkenntnisse über den Verschleißzustand der Bandscheibe sowie den Schweregrad des Bandscheibenvorfalls und dient als Grundlage für die darauf folgende Behandlung.
Die Ursache für einen Bandscheibenvorfall
Bandscheiben liegen wie ein Kissen zwischen den einzelnen Wirbelkörpern im Rücken und verhindern, dass Wirbelknochen bei Bewegungen direkt aufeinander reiben. Sie bestehen innen aus einem Gallertkern (Nucleus pulposus) und außen aus einem Faserring (Anulus fibrosus). Sie sind weich und elastisch und fühlen sich wie ein Weingummi an. Wie der gesamte Organismus altern auch die Bandscheiben und verlieren mit zunehmendem Alter die Fähigkeit, Wasser zu speichern. Die Folge: Die Bandscheibe wird immer dünner, rissig und spröde und kann Belastungen nicht mehr richtig standhalten. Das Risiko für einen Bandscheibenvorfall steigt. Wenn die Bandscheibe ihre Position verlässt, spricht man im Allgemeinen von einem Bandscheibenvorfall.
Dies kann auf unterschiedlichen Arten passieren:
Bandscheibenvorwölbung (Protusion)
Die Bandscheibe rutscht in den äußeren Faserring, wobei dieser noch intakt bleibt. Es kommt lediglich zu einer Ausdehnung bzw. Vorwölbung der Bandscheibe und wird daher auch als Bandscheibenvorwölbung bzw. Vorstufe des Bandscheibenvorfalls bezeichnet.
Bandscheibenvorfall (Prolaps)
Die Bandscheibe zerreißt den Faserring und tritt in den Wirbelkanal. Die Bandscheibe bleibt dabei in ihrer ursprünglichen Form bestehen und intakt.
Sequestration
Die Bandscheibe zerreißt den Faserring und tritt in den Wirbelkanal, wobei sich ein Teil der Bandscheibe ablöst. Dieser Vorfall wird auch als Sequestration bezeichnet.
Formen
Bei einem Bandscheibenvorfall verändert sich die Bandscheibe: Sie verlässt ihre Position zwischen den Wirbelkörpern und tritt hervor. Die Bandscheibe kann dabei im Stück heraushängen oder sogar reißen. Schmerzen, Schwächen oder Lähmungen entstehen, wenn die Bandscheibe durch ihre neue Position Nerven quetscht oder auf das Rückenmark drückt. Theoretisch kann jede Bandscheibe herausrutschen, das Risiko verteilt sich jedoch sehr unterschiedlich:
Bandscheibenvorfall LWS: In 90% der Fälle versagen die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule (LWS) im unteren Rücken.
Bandscheibenvorfall HWS: Die Bandscheiben der Halswirbelsäule sind in rund 8% betroffen.
Bandscheibenvorfall BWS: Die Bandscheiben zwischen den Brustwirbeln sind mit knapp 2% nur selten betroffen.
Die Erklärung dafür ist ganz einfach: Auf der Lendenwirbelsäule lastet das meiste Körpergewicht, weshalb die dort ansässigen Bandscheiben die größte Last zu trage haben und schneller verschleißen. Die Bandscheiben der Brustwirbelsäule hingegen werden durch den Brustkorb geschützt und sind somit deutlich weniger anfällig.
Symptome
Die Symptome, die durch einen Bandscheibenvorfall entstehen, sind ganz unterschiedlich. Entscheidend hierbei ist, wohin die Bandscheibe rutscht: Drückt sie gegen einen Nerv oder das Rückenmark, kann es zu stechenden, lähmenden Schmerzen kommen. Werden Nerven oder Rückenmark jedoch nicht beeinträchtigt, können Bandscheibenvorfalle sogar völlig unbemerkt bleiben und keinerlei Symptome hervorrufen. Bandscheibenvorfalls an der Lendenwirbelsäule (LWS), Brustwirbelsäule (BWS) und Halswirbelsäule (HWS) machen sich auf unterschiedliche Weise bemerkbar: Oft treten bei einem Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule anfangs Schmerzen im Rücken auf, die sich auf Beine und Füße ausbreiten können. Beim Bandscheibenvorfall an Brustwirbelsäule und Halswirbelsäule hingegen treten Schmerzen eher im Bereich der Schultern, Arme sowie Hände auf.
Drückt die Bandscheibe gegen das Rückenmark, können die Schmerzen sehr intensiv sein und mit Taubheitsgefühlen und Kribbeln einhergehen. Sollten Blasen oder Darmstörungen auftreten, besteht akuter Handlungsbedarf für eine rasche Bandscheiben Operationen, die wir mit minimalinvasiven, mikrochirurgischen und endoskopisch assistierten Eingriffen durchführen. In allen anderen Fällen führt eine konservative Therapie – das heißt eine Behandlung ohne Operation – sehr oft zu einer deutlichen Besserung.
Behandlung
Nicht immer ist bei einem Bandscheibenvorfall eine Operation notwendig. In den meisten Fällen können wir Bandscheibenvorfälle erfolgreich konservativ behandeln – das bedeutet ganz ohne eine Operation. Ziel ist es, den Kreislauf aus Schmerz und Schonhaltung zu durchbrechen und die Beweglichkeit wieder herzustellen. Dies erreichen wir durch eine individuell zusammengestellte Kombination aus Schmerztherapie, Wärmebehandlung und Physiotherapie. Starke Schmerzen können zusätzlich oder alternativ mit einer Injektionstherapie gelindert werden. Hierbei werden schmerzstillende Medikamente direkt an die betroffene Nervenwurzel gespritzt. Diese sogenannte PRT Therapie (periradikuläre Therapie) führen wir mit viel Erfahrung und höchster Präzision unter radiologischer Kontrolle im Computertomogramm oder in der Röntgendurchleuchtung durch.
Erst wenn alle konservativen Therapien und die Injektionstherapie keine Besserung bringen oder Rückenmark und Nerven dauerhaft zu schädigen drohen, ziehen wir eine Bandscheiben Operation in Betracht. Unser in der Wirbelsäulenchirurgie erfahrenes Team aus Fachkräften führt diese Bandscheiben Operationen in minimalinvasiven, mikrochirurgischen und endoskopisch assistierten Eingriffen durch. Für Sie bedeutet das schonende Eingriffe auf höchstem technischem Niveau, damit Sie schnell wieder schmerzfrei sind und aktiv an Ihrem Privat- und Berufsleben teilnehmen können.
Therapie
Starke Rückenschmerzen, die oft mit einem Bandscheibenvorfall verbunden sind, lindern wir im Wirbelsäulenzentrum München mit verschiedenen Therapiemaßnahmen die einzeln oder in Kombination angewendet werden. Sie erhalten von uns dafür einen detaillierten, auf Ihr Krankheitsbild zugeschnittenen, Behandlungsplan. Unterstützt wird das Wirbelsäulenzentrum München dabei von der Physiotherapie im ISAR Klinikum, Herr M. List. Wärmeanwendungen verbessern die Durchblutung und bewirken eine Lockerung der durch die Schonhaltung verspannten Muskeln. Die medikamentöse Therapie mit Schmerzmitteln und Kortison lindert Schmerzen sowie die durch den Bandscheibenvorfall eventuell hervorgerufene Entzündung.
Eine peridurale Infiltration – das heißt eine radiologisch gezielte Spritzentherapie mit Schmerzmitteln und Kortison – ergänzt die medikamentöse Therapie und wird bei starken Schmerzen zusätzlich eingesetzt.
Starke Schmerzen, die durch Gelenkfacetten und/oder Nervenwurzelblockade entstehen, werden durch die periradikuläre Therapie – das heißt die Röntgen- oder CT-gesteuerte Infiltration von Schmermitteln und Kortison – behandelt. Die Anzahl der Injektionen sollte hierbei allerdings begrenzt bleiben.
Sollte trotz konservativer Therapie nach 6 – 8 Wochen keine deutliche Besserung eintreten oder sind Nerven oder Rückenmarkt betroffen, die sich als Schwäche oder Lähmungen des Bewegungsapparates bemerkbar machen, ist eine rasche Bandscheiben OP ratsam. Denn würden wir in diesen Fällen nicht umgehend operieren, könnten chronische Schäden entstehen, die Sie dauerhaft einschränken.
Operation
Bei aller Kritik an zu vielen Operationen sollte nicht vergessen werden, dass es klar definierte Operationsindikationen gibt: Falls die Bandscheibe durch den Bandscheibenvorfall auf Nerven oder Rückenmark drückt und dadurch Schäden entstehen – die Sie als Schwäche der Muskulatur bzw. Lähmung wahrnehmen können – ist eine Operation sinnvoll. Sie sollte rasch durchgeführt werden um dauerhafte Schädigungen zu vermeiden.
Eine weitere Operationsindikation besteht, wenn Beschwerden sich trotz konservativer Therapie nach 6-8 Wochen nicht bessern. Ob in diesem Fall ein operativer Eingriff sinnvoll und wünschenswert ist, hängt von der Einschränkung Ihrer Lebensqualität ab und sollte im persönlichen Gespräch individuell entschieden werden.
Entscheiden wir uns für eine Bandscheiben Operation, werden wir in der Regel eine mikrochirurgische Bandscheiben OP durchführen – das bedeutet ein schonender Eingriff mit kleinen Schnitten, der mit Hilfe eines Mikroskops durchgeführt wird. Ziel einer Bandscheiben OP ist es immer, das Bandscheibengewebe, das Nerven und Rückenmark bedrängt, zu entfernen, um Nerven und Rückenmark zu entlasten. Dieses Ziel wird durch eine Entfernung der beschädigten Bandscheibe durchgeführt. Dabei unterscheiden wir zwischen zwei Vorgehen – der Sequestrotomie und der Diskektomie. Diese Vorgehen werden im Sprachgebrauch oft unterschiedlich verwendet, was zu Verwirrungen führen kann. Sequestrotomie (Entfernung der hervorgetretenen Bandscheibe)
Bei der Sequestrotomie – im Sprachgebrauch häufig auch als partielle Diskektomie bezeichnet – entfernen wir nur den in den Wirbelkanal hervorgetretenen Teil der Bandscheibe – der Rest der Bandscheibe bleibt erhalten. Das am häufigsten verwendete Verfahren ist hierbei die mikrochirurgische Sequestrektomie, welche das Standardverfahren bei einem Bandscheibenvorfall LWS (Lendenwirbelsäule) darstellt. Ob eine Sequestrotomie beim Bandscheibenvorfall HWS (Halswirbelsäule) sinnvoll ist, müssen wir nach Lage und Größe des Bandscheibenvorfalls und dem Grad des eventuell geschädigten Rückenmarks bzw. Nervensystems entscheiden.
Diskektomie (Entfernung der gesamten Bandscheibe)
Bei der Diskektomie wird die gesamte beschädigte Bandscheibe entfernt und durch ein Bandscheibenimplantat ersetzt. In der Regel entscheiden wir uns dabei für eine mikrochirurgische Diskektomie mit navigierter Unterstützung. Nach der Entfernung der beschädigten Bandscheibe füllen wir das Wirbelfach mit einer Ersatz-Bandscheibe, welche die Funktion der entfernten Bandscheibe im weitesten Sinne übernimmt. Ob wir dabei ein Bandscheiben-Implantat (Cage Wirbelsäule) oder eine künstliche Bandscheibe (Bandscheibenprothese) verwenden, richtet sich nach Lage, Größe und Ausmaß des Bandscheibenvorfalls. Angewendet wird die Diskektomie in der Regel beim Bandscheibenvorfall HWS (Halswirbelsäule).
Implantat
Wird bei einem Bandscheibenvorfall nicht nur der in den Wirbelkanal hervorgetretene Teil der Bandscheibe entfernt, sondern die gesamte beschädigte Bandscheibe, muss diese durch ein Bandscheibenimplantat ersetzt werden. Im Sprachgebrauch werden sie oft auch als Bandscheiben-Prothesen bezeichnet, was oft zu Verwirrungen führt. Bei der Wahl des geeigneten Bandscheibenimplantates wird unterschieden, ob dieses bei einem Bandscheibenvorfall HWS (Halswirbelsäule) oder Bandscheibenvorfall BWS (Brustwirbelsäule) eingesetzt wird.
Grundsätzlich können Bandscheiben-Implantate jedoch in drei Arten unterteilt werden:
Bandscheibenprothese (künstliche Bandscheibe):
Eine Bandscheibenprothese ist ein künstlicher Bandscheibenersatz, der auf die anatomischen und funktionellen Gegebenheiten der Hals- bzw. Lendenwirbelsäule abgestimmt ist und die natürlichen Bewegungsabläufe erhält. Bevor jedoch eine künstliche Bandscheibe eingesetzt werden kann, müssen weitere Wirbelsäulenerkrankungen wie Spinalkanalstenose, Spondylolistese, Facettengelenksndrom ausschlossen werden, die jedoch oft mit einem Bandscheibenvorfall einhergehen.
Festes Bandscheibenimplantat (Cage Bandscheibe):
Ein festes Bandscheibenimplantat ist ein Bandscheibenersatz aus Titan oder Kunststoff, das zwischen den Wirbelkörpern platziert wird und die Wirbelsäule fest stabilisiert. Sollten neben dem Bandscheibenvorfall weitere Wirbelsäulenerkrankungen wie Spinalkanalstenose, Spondylolistese, Facettengelenksyndrom vorliegen, kann eine zusätzliche Wirbelsäulenversteifung (Spondylodese) oder alternativ eine dynamische Stabilisierung hilfreich sein.
Die Auswahl des Implantates (Cage Bandscheibe oder Bandscheibenprothese) hängt nun von der Ursache der Beschwerden ab. Bei einer Einklemmung von Nerven durch einen Bandscheibenvorfall (Prolaps) wird eine Bandscheibenprothese als Implantat verwendet, um nach der Operation die Beweglichkeit zu erhalten. Wenn aber die Ursache der Beschwerden auf eine verschleißbedingte Instabilität der Wirbelkörper zurückzuführen ist, wird zur Stabilisierung ein Cage Bandscheibe verwendet.
Bandscheibenprothese (künstliche Bandscheibe)
Eine Bandscheibenprothese ist ein künstlicher Bandscheibenersatz, der auf die anatomischen und funktionellen Gegebenheiten der Hals- bzw. Lendenwirbelsäule abgestimmt ist und die natürlichen Bewegungsabläufe erhält. Bevor jedoch eine künstliche Bandscheibe eingesetzt werden kann, müssen weitere Wirbelsäulenerkrankungen wie Spinalkanalstenose, Spondylolistese, Facettengelenksyndrom ausgeschlossen werden, die oft mit einem Bandscheibenvorfall einhergehen.
Nachsorge
In jedem Fall sollte sowohl nach der konservativen als auch nach einer operativen Behandlung des Bandscheibenvorfalls eine aktive Weiterbehandlung erfolgen. Dabei absolvieren Sie ein gezieltes Training der Bauch- und Rückenmuskulatur und erhalten physiotherapeutische Behandlung. Damit verbessern Sie die Ernährung und Versorgung Ihrer Bandscheibe und übrigens auch Ihres gesamten Körpers. Er wird es Ihnen danken.
Spinalkanalstenose
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